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Hochhausprojekt Eislaufverein: Antwort Stadt Wien auf “Offenen Brief”, 6. Juni 2016

Presseaussendung der List Rechtsanwalts GmbH im Auftrag der Initiative Denkmalschutz

++ Projekt „Hotel Intercontinental/Wiener Eislaufverein“: Äußerung der Stadt Wien zum Offenen Brief 10.05.2016 ++
++ Strategische Umweltprüfung: Wo ist der Umweltbericht? ++
++ Das mangelhafte Hochhauskonzept wird nicht überarbeitet ++

Am 10.05.2016 haben wir im Namen der Initiative Denkmalschutz sowie von Herrn Josef Wick einen Offenen Brief an die Stadt Wien gerichtet [vgl. www.ralist.at/images/bilder/NEU%2009.05.%20Brief%20an%20den%20Wr.%20Gemeinderat%20Endfassung.pdf bzw. Video zur Pressekonferenz www.youtube.com/watch?v=aCbh2p2XWFM], mit dem die Stadt Wien aufgefordert wurde, zur Frage der Gefährdung des „Historischen Zentrums von Wien“ als Weltkulturerbe sachliche Stellungnahme abzugeben, sowie die Wiener Bauordnung an das Unionsrecht anzupassen, indem der Öffentlichkeit eine effektive Beteiligung am Screeningverfahren zur Strategischen Umweltprüfung ermöglicht werden soll.
Heute, am 06.06.2016 hat die Stadt Wien zu den ihr gestellten Fragen Stellung genommen. In der Stellungnahme wird zunächst behauptet, dass für die Aussetzung des Verfahrens zur Festsetzung eines Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes die „festgestellten Auswirkungen auf das Stadtbild“ waren, die im Zuge der gem § 2 Abs 1b Bauordnung für Wien (BO für Wien) durchgeführten Umweltprüfung festgestellt worden seien. § 2 Abs 1c BO für Wien ordnet klar an, dass der Magistrat auf Grund der Ergebnisse der Umweltprüfung nach § 2 Abs 1b BO für Wien einen dem Anhang I der Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme entsprechenden Umweltbericht zu erstellen hat, in dem die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen, die die Verwirklichung der Flächenwidmungspläne und Bebauungspläne hat, einschließlich der Ergebnisse der Prüfung von möglichen, vernünftigen Alternativen, die die Ziele und den geographischen Anwendungsbereich des jeweiligen Flächenwidmungsplanes und Bebauungsplanes berücksichtigen, darzustellen und zu bewerten sind.

Problem dabei ist, dass der diesbezügliche Umweltbericht bis heute der Öffentlichkeit nicht bekannt ist. Auch die Stadt Wien hat bis dato immer behauptet, dass betreffend die gegenständliche Änderung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes (noch) keine Strategische Umweltprüfung durchgeführt wurde.

Wir haben die Stadt Wien daher um die Übermittlung dieses Umweltberichtes ersucht (siehe Beilage). Des Weiteren führt die Stadt Wien in ihrer Stellungnahme vom 06.06.2016 aus, dass das neue Hochhauskonzept 2014 derzeit „keiner Überarbeitung“ bedürfe, weil es keine Gefahr für die Wiener Weltkulturerbestätten darstelle. Das neue Hochhauskonzept 2014 bedeute nicht zwangsläufig, dass überall in Wien Hochhäuser errichtet werden dürften, zumal der Erteilung von diesbezüglichen Bewilligungen ein „Planungsprozess“ vorgehen sollte, „der sich von Beginn an auch mit der Frage des Mehrwerts auseinandersetzt“. Dabei hat es die Stadt Wien allerdings übersehen, dass genau diese unklaren Kriterien für die Festlegung des „Mehrwerts“ im letzten Bericht des Internationalen Rates für Denkmapflege (ICOMOS) scharf kritisiert wurden.
Das Fehlen von Höhenbeschränkungen und die Einführung einer Einzelfallbewertung nicht messbarer Eigenschaften können nach der Beurteilung von ICOMOS unangemessene Folgen nach sich ziehen und zur Druckausübung seitens der Bauträger führen:

“ICOMOS notes that the newly adopted High-rise Concept 2014 abolishes exclusion zones for high-rises in the Vienna urban areas, without having applied proper instruments of control for height, volume and urban density adequate for respecting the Outstanding Universal Value of the World Heritage properties.
(…)
The document does not provide with criteria for assessing the concept of extraordinary added value that the project should bring to the community, nor any guidance on measurement of how a particular project could be “conducive to local enrichment of the urban fabric”
(…)
The absence of stringent height controls and the inclusion of subjective case-by-case evaluation of attributes which cannot be measured may create unreasonable expectations regarding the nature and extent of allowable new development, leading in turn to pressure from development proponents.”

Der Missionsbericht von ICOMOS spricht diesbezüglich ausdrücklich von drohendem Verlust des historischen Architekturbestands Wiens als Wahrzeichen der Stadt (vgl Seite 8 unten im Missionsbericht; http://whc.unesco.org/en/documents/140325). ICOMOS stellte unmissverständlich fest, dass das aktuell gültige Hochhauskonzept keinen hinlänglich klaren, nachvollziehbaren Rahmen für Standards und Richtlinien für die Höhe potenzieller Bauprojekte bietet (vgl Seite 9 oben im Missionsbericht; http://whc.unesco.org/en/documents/140325).
Über all diese Fragen setzt sich die Stadt Wien leider hinweg.
Die Entscheidung der Stadt Wien, das neue Hochhauskonzept 2014 für Wien nicht überarbeiten zu wollen, bedeutet, dass sich Wien auf einen noch härteren Konfrontationskurs mit UNESCO offensichtlich einlassen und dessen fachliche Kritik nicht zur Kenntnis nehmen will. Die nächste Tagung des Weltkulturerbekomitees von UNESCO findet im Juli 2016 in Istanbul statt [ http://whc.unesco.org/en/sessions/40COM/ ].

Rückfragehinweis:
Für allfällige Rückfragen steht Ihnen RA Univ.-Doz. Dr. Wolfgang List unter der Mobiltelefonnummer 0664/4276465 bzw. unter gerne zur Verfügung.
List Rechtsanwalts GmbH ( www.ralist.at)

Beilagen:
E-Mail der Stadt Wien vom 06.06.2016 samt Antrag auf Übermittlung des Umweltberichtes